Zum Werk von Charlotte Weinmann von Josef Schweikhardt

Mikrokosmos, Makrokosmos und ihre gegenseitige Spiegelung – das sind die fast alchemistischen Grundthemen des Kunstwollens von Charlotte Weinmann. Im Eigenleben der Natur und in deren künstlerischer Transformation findet sich ein weiterer, elementarer Blickpunkt: die allgegenwärtige Metamorphose.

Das Thema der Ver­wandlung durchzieht konsequent das Gesamt­werk der Künstlerin. In den frühen Arbeiten liegt der Fokus auf den ›kleinen Dingen‹ und ihrer insistierenden Mächtigkeit. Selbst den Idyllen eignet Suggestion.

Die Welt der Pflanzen wird in späteren Arbeiten vergrößert, augen­scheinliche Momentauf­nahmen, die zwischen Symbol und einem realistischen Reflex liegen. Ein Stück ewiger Moment. Am Ende ist schließlich das geo­metrische Ziel der Abstraktion erreicht – bis auf Ziffer und Zahl entkleidet, eröffnen sich die Strukturen. Jetzt ist der Gegenstandsfluss Teil der Zeit­form.

Sie selbst ist energetische Bewegung geworden, kurzfristig fest­gehalten als Chiffre und Signatur. Darin liegt auch die fast asiatische Qualität der vegetabilen Kalligraphien: Statik und Dynamik im Zeichen vereint. Ihre Erscheinungs­formen lassen sich in allen ihr zur Verfügung stehenden Techniken nieder.

Im Zusammenspiel mit den architektonischen Räumen gewinnen die Arbeiten einen zusätzlichen Erinnerungwert: sie machen ihre Farbwelten begreiflich , begleiten das Funktionale hinein in den sozialen Sinn und zeugen wiederum von den physio­­g­nomischen Kräften der Verwandlung. Jedes Gesicht ein Angesicht . Gras, Schilf und Steine leisten Botschaften, ebenso Blüten und Zweige und Adern, eine Poesie des Chlorophylls . So verkleidet sich das memento mori in eine vital maskierte Lebendig­keit . Aus dem Phäno­typ schimmert das Gleichnis…

Dr. Josef Schweikhardt